Highspeed-Internet aus dem Glasfasernetz, erneuerbare Energie aus Wasserkraft, eine direkte S-Bahnverbindung in die Grossstadt, Fabrikareale als Arbeits- und Wohnraum in Hülle und Fülle und die Bergnatur unmittelbar vor der Bürotür: Der Kanton Glarus startet mit hervorragenden Rahmenbedingungen in die Ära von New Work. Seit sich das Glarnerland im 18. und 19. Jahrhundert zu einer internationalen Hochburg der Textilindustrie entwickelte, ist es die am stärksten industrialisierte Region der Schweiz. Zahlreiche altehrwürdige Fabrikgebäude, die sich entlang der Flüsse Sernf und Linth wie Burgen aus dem Talboden erheben, sorgen für eine schweizweit einzigartige Szenerie.
Im ehemaligen Wirkungsreich der Glarner Textil-Pioniere übernehmen zusehends Startups und Digitale Nomaden das Zepter. Die Entwicklungen aus dem Silicon Valley schlagen auch in den Glarner Talschaften Wellen. Die Pandemie beschleunigt die Transformation der Arbeitswelt und verleiht dem Modell von Remote Work Auftrieb. Zunehmend gewinnen grosszügigere Wohnflächen in Naturnähe an Beliebtheit.
Glarner Coworking-Pionier
Nico Schottelius ist ein Vorreiter des Trends zur Verlagerung des Lebensmittelpunktes aufs Land: Bereits um 2014 zog es den IT-Spezialisten von der Eidgenössisch Technischen Hochschule (ETH) in Zürich ins Glarnerland, wo er in Schwanden ein Haus aus dem 19. Jahrhundert renovierte. Dieses erhielt als «Digital Chalet» im Jahr 2015 eine neue Bestimmung – nicht nur als erster Coworking- und Coliving-Space im Glarnerland, sondern auch als erstes Haus im Kanton mit 1Gbit/s Internetanschluss.
Seither geben sich Startup-Gründer, Unternehmer und Software-Entwickler aus aller Welt im «Digital Chalet» die Klinke in die Hand. Sie finden in Schwanden eine inspirierende Arbeitsumgebung vor: einen ruhigen Ort, um sich zu fokussieren und im Experten-Netzwerk auszutauschen. Nico Schottelius empfängt hier mit seiner Firma «ungleich», die sich auf nachhaltige IT-Infrastruktur- und Software-Lösungen spezialisiert, auch Kunden und Partnerfirmen. Mit dem «Hacking Hotel» kam 2019 tief im Glarnerland in Diesbach ein zweiter Standort hinzu. Schottelius verleiht dem leerstehenden Gasthaus mit einer privaten IT-Schule und Bootcamps neues Leben. Neben Workshop-, Seminar- und Hacking-Räumen beheimatet es eine Gemeinschaftsküche und Gästezimmer. «Die Leute sollen bei uns in kurzer Zeit viel IT-Wissen mitnehmen können», sagt Schottelius. Er will dazu beitragen, dass das Glarnerland ein digitaler Hub mit internationaler Strahlkraft wird.
Nächster Halt: «COCO»
Dieselbe Vision treibt zwei S-Bahnstationen weiter die Macher des Coworking und Coliving-Projekts «COCO» an. Dieses wird bis Mitte 2022 im Linthpark Glarus Süd auf dem Areal der ehemaligen Spinnerei in Linthal, unmittelbar bei der Endhaltestelle der S25 – im südlichsten Talzipfel des Glarnerlandes, aber doch mit direktem ÖV-Anschluss nach Zürich, etnstehen. Seit 2005 die Umnutzung des Linthparks begonnen hat, finden hier immer mehr Firmen eine attraktive Arbeitsumgebung. Das Spektrum reicht von Medizin über IT und Gewerbe bis zu Forschung und Kultur. COCO wird das Netzwerk in der einstigen Spinnerei im Linthpark bald mit Startups und Digitalen Nomaden erweitern. Sie können sich hier kurz- oder längerfristig einmieten. Das Angebot von COCO richtet sich zudem an KMU und Grossunternehmen auf der Suche nach einem Rückzugsort.
Neben Meeting- und Seminarräumen mit himmlischer Aussicht entstehen im COCO 50 topmoderne Arbeitsplätze inklusive schnellem Internet mit 20 Gbit/s. Zusätzlich gewähren 29 grosszügige Zimmer hohen Wohn- und Schlafkomfort. Das eigene, von Gastro-Profis betriebene Bistro und die Rooftop-Bar runden COCO ab. Direkt vor der Haustür beginnen die Bike- und Wanderwege. Die Bergbahn bringt einen in sieben Minuten ins Skigebiet von Braunwald. «COCO vereint Natur und Bergwelt, Arbeitsinfrastruktur und Wohnqualität auf einzigartige Weise. Bei uns werden Berufstätige und Feriengäste den Kanton Glarus von den besten Seiten erleben. Das ist Standortmarketing in Reinkultur», erklärt Alexander Keller, Geschäftsführer der COCO AG.
Digitale Transformation in den «werkhallen»
Zurück nach Schwanden, wo die Glarner Coworking-Ära mit dem «Digital Chalet» um 2014/15 ihren Anfang nahm. Hier stellte Electrolux damals gerade die Produktion in den Fabrikgebäuden der ehemaligen Therma AG ein. In deren Räumlichkeiten entstanden über ein Jahrhundert hinweg Elektro-Haushaltsgeräte. Im Jahr 2020 kehrte ein zukunftsgerichteter Coworking-Spirit ein. In den «werkhallen» finden Startups und Jungunternehmer nicht nur eine komplette Büro- und Arbeitsinfrastruktur zur Sofortnutzung vor: «Wir eröffnen unseren Mitgliedern auch direkten Zugang zu einem Netzwerk an Experten und potenziellen Partnern und wir helfen bei Finanz- und HR-Fragen oder der Organisationsentwicklung», erklärt der werkhallen-Betreiber Daniel Sieber. Dazu gehört auch eine Werkstatt mit 3D-Drucker, Mischmaterialien oder Spanabhebungsmaschinen. So kann aus der Idee im Nu der erste Prototyp entstehen. Die «werkhallen» fördern nicht nur Jungunternehmer, sondern unterstützen auch gestandene KMU bei der digitalen Transformation. Zudem erhalten Fachkräfte, die sich neu orientieren, vielseitigen Support und profitieren von der Coworking-Infrastruktur oder den Placement-Angeboten.
Das «Digital Chalet» und Hacking Hotel, das Projekt COCO sowie die «werkhallen» sind nur vier von zahlreichen Coworking-Initiativen im Glarnerland. Sie tragen dazu bei, dass die Glarner Wirtschaft als «Alpine Working Hub» auch im 21. Jahrhundert mit Pioniergeist Erfolgsgeschichten schreiben wird.
Autor: Christian Zehnder, Leiter Standortpromotion Kanton Glarus
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