Der Wirtschaftsraum Zürich ist eines der weltweit wichtigsten Zentren für maschinelles Sehen, sagt ETH-Professor Marc Pollefeys. Nun gründet Microsoft hier ein Labor für Mixed Reality und künstliche Intelligenz – unter Pollefeys Leitung und in enger Kooperation mit der ETH Zürich.

Weshalb eröffnet der Technologiekonzern Microsoft gerade in Zürich ein neues Labor?

Marc Pollefeys: Das Ökosystem hier ist perfekt. Das Labor beschäftigt sich mit Computer Vision und künstlicher Intelligenz – das bedeutet, dass wir Maschinen das Sehen beibringen. Und im Bereich Computer Vision ist Zürich neben Orten wie der Bay Area weltweit führend. Hier fällt es nicht schwer, lokale Talente zu finden und neue anzuwerben. Beigetragen hat sicher auch, dass ich für einen Forschungsaufenthalt zwei Jahre bei Microsoft in den USA war und mitunter Microsofts Mixed-Reality-Brille HoloLens weiterentwickelt habe.

Welchen Beitrag leistet maschinelles Sehen für den Bereich der Mixed beziehungsweise Augmented Reality?

Die Essenz von Mixed Reality besteht darin, virtuelle Elemente nahtlos mit der realen Welt zu verbinden. Dabei muss man wissen, wie sich die Brille durch die reale Welt bewegt und man muss die Umgebung um den Benutzer herum verstehen. Dieses Problem wird mithilfe von Computer Vision gelöst. Zudem wird die Technologie dazu verwendet, um die Gesten des Benutzers zu beobachten, damit er mit den virtuellen Inhalten interagieren kann.  

In welchen anderen Bereichen sehen Sie maschinelles Sehen noch als Schlüsseltechnologie?

Computer Vision ist auch eine Schlüsseltechnologie für Maschinen, die sich in einer nicht vollständig kontrollierten Umgebung bewegen oder in dieser handeln müssen. Das trifft zu auf Drohnen und andere mobile Roboter, auf selbstfahrende Autos, aber auch auf Autos mit erweiterter Fahrerassistenz. In der Tat findet sich heute in den meisten neuen Autos und auch bei vielen Hany-Apps Computer-Vision-Technologie. Kameras sind oft die effektivsten Sensoren für Maschinen, um die Welt um sie herum wahrzunehmen – das ist wie beim Menschen, der sich meist auch auf seine Augen verlässt, um seine Umgebung zu verstehen.

Können Sie erklären, warum Zürich gerade in diesem komplexen Feld so weit vorn ist?

Inzwischen hat sich ein Ökosystem mit Forschungseinrichtungen, Start-ups und etablierten Unternehmen entwickelt, doch Auslöser war sicher die ETH Zürich. An Fragen zu maschinellem Lernen arbeiten hier Experten aus verschiedenen Bereichen des Ingenieurswesens und den Computerwissenschaften – alles Disziplinen, die an der ETH sehr renommiert sind. Zudem wirkte beflügelnd, dass neben Grundlagenforschung auch angewandte Forschung und Wirtschaftskooperationen an der ETH gross geschrieben werden. 

Ein Beweis hierfür ist ja auch das Disney Research Lab in Zürich – war das Ihr Vorbild?

Ich habe das Disney Research Lab in wissenschaftlichen Fragen beraten und mitbekommen, wie gut diese Strukturen funktionieren. Es kann gut sein, dass wir künftig zusammenarbeiten.

Geballte Technologie-Kompetenz

Computer Vision

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Woran konkret wird hauptsächlich in Ihrem Lab gearbeitet?

Bei uns geht es um Projekte mit langem Zeithorizont – haben wir etwa eine Vision davon, was die Mixed-Reality-Brille HoloLens in einigen Jahren können soll, dann versuchen wir, dies möglich zu machen. Für uns geht es dabei darum, wie die HoloLens Menschen in der Praxis dabei helfen kann, schwierige Probleme besser zu lösen – etwa bei komplexen Reparaturarbeiten. Wir arbeiten dann etwa daran, wie die Brille ihre Umwelt noch besser wahrnehmen kann oder wie auch verschiedene HoloLens-Exemplare miteinander kommunizieren können.

Wie wird das Lab aufgebaut sein?

Die Arbeit haben wir schon seit Juli aufgenommen und sechs der insgesamt 15 Vollzeitstellen sind bereits besetzt. Dabei konzentrieren wir uns auf die Rekrutierung von Wissenschaftlern in Computer Vision und verwandten Bereichen wie Machine Learning und Robotik. Hinzukommen Stellen für ETH-Doktoranden. Gerade suchen wir Räumlichkeiten in ETH-Nähe. Ich arbeite je zu 50 Prozent am Lab und an der ETH.

Was schätzen Sie an der Parallelität von Hochschul- und Lab-Arbeit?

Ich mag es, mit innovativen Studierenden Brainstorming über grundlegende Probleme zu betreiben, unabhängig zu arbeiten. Aber ich will auch etwas schaffen, das die Welt ein Stück weit verändert. In Zürich kann ich mit Microsoft und der ETH das Beste aus allen Welten miteinander verbinden und davon profitieren meiner Meinung nach alle Seiten.

Zur Person:

Marc Pollefeys ist seit 2007 Professor am Institut für Visual Computing des Departements Informatik der ETH Zürich, wo er das Computer Vision and Geometry Lab leitet und ist seit Juli 2016 Direktor für Wissenschaft bei Microsoft HoloLens. Seit Juli 2018 leitet er das Microsoft MR&AI Zurich Lab.

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Marc Pollefeys, ETH Computer Vision, Microsoft MR & AI Lab

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